Tag 13 – Der Horizont
Sie badet in der Sonne, das dunkle Haar ein schwarzer Heiligenschein, der
den Himmel zu verhöhnen scheint. Die Augen hat sie geschlossen, erschöpft
dösend, während der Gestank von Krankheit träge aus dem Raum zu fliehen
beginnt. Erst mit dem Tod kehrt das Leben zurück.
Schweigend betrachte ich den stillen Körper. Gewaschen, hydriert und
verbunden ist er auf die Seite gesunken, eine selige Ruhe in den Zügen. Alles
Gute behält er für sich. Ich will ihn in Flammen aufgehen lassen und kann es
nicht.
„Woran denkst du?“, fragt Sie mich leise.
„An das Ende.“
Träge späht Sie durch ihre Wimpern zu mir. „Ich werde deinen Körper nicht
töten.“
„Selbst wenn ich dich auf Knien anflehte.“
„Selbst dann nicht“, bestätigt sie leise. „Ich töte ihn nicht.“
„Eine Hand wäscht die andere“, erinnere ich Sie. „Kein Körper, kein
Verbrechen.“
„Ich fühle mich nicht besser ohne meinen Körper.“ Die Narbe an ihrem
Rücken ist verschwunden, mit ihr jedes Gefieder, das ihr im Unglück das Herz
durchbohren könnte.
„Frei“, sage ich.
„Wie meinst du das?“
„Das erste Mal in deinem Leben bist du frei.“
Leise seufzt Sie und schüttelt den Kopf. „Wenn du meinst.“
„Das kommt vom Tod“, sage ich. „Freiheit.“
„Ich bin noch hier.“
„In deiner reinsten Form. Was dich menschlich machte, zerfiel zu Asche.
Deine Achillesferse ist nicht mehr.“
„Dafür werde ich dir nicht danken“, sagt Sie. „Niemals.“
„Ja.“
Seufzend sinkt sie gegen die abweisende Steinmauer. „Nicht, dass du das
erwarten würdest“, murmelt Sie. „Wahrscheinlich ist die größte Strafe
wirklich, dass ich deinen Körper zurück ins Leben hole. Damit hättest du